Rauhnachtgeschichten (Texte aus Überlieferungen und Eigenem)
Was ist denn da? Menschen? Ach ja Menschen! und
wer seid ihr, seid ihr etwa Zwerge? Für Zwerge ist es da verboten. Ach ihr seid
Kinder, das ist sowas wie kleine Menschen ja?
Aber wenn ihr keine Zwerge seid, dann kennt
ihr die Geschichte der sprechenden Tiere nicht. Soll ich sie euch erzählen? Ich
erzähle sie euch, damit ihr sie weitererzählen könnt.
Ruhe! Alle Wesen beider Welten hört mich an.
Große und Kleine, Männer und Frauen, Elfen, Zwerge,
Trolle und Feen. So hört die alten Sagen, vom Anbeginn der Zeit, als die Welt
noch öde und leer war.
Da erschien ein Riese. Der Funke des Lebens
zündete in ihm und er gebar die Götter. Die Götter formten die Welt aus dem
Körper des Riesen. Aus dem Schädel entstand der Himmel, aus dem Gehirn die Wolken,
Aus dem Körper wurde die Erde, aus den Knochen die Berge aus den Haaren und dem
Bart schufen sie die Wälder, aus dem Blut die Meere. Der Funke des Lebens
entzündete die Sterne. Sodann entstanden aus den Eingeweiden des Riesen die
Elfen, die Trolle die Kobolde und die Feen. Sie gingen und verbargen sich in
den Wäldern, in den Seen und in den Bergen.
Um den Himmel zu stützen stellten die Götter
in alle vier Ecken ein Heinzelmännchen.
Sie hießen Norden, Süden, Osten und Westen.
Jeder kennt sie, jeder achtet sie aber ich kenne noch ein fünftes Land, das den
Heinzelmännchen gehört. es ist heilig, niemand darf es betreten. Nur den Tieren
ist es erlaubt, sich dort aufzuhalten.
Den Tieren im 5. Land ging es gut, und die
Heizelmännchen lernten den Tieren zu Sprechen und sie lebten glücklich dahin
und unterhielten sich von früh bis spät. So tratschten die Kühe in der Früh,
beim Grasen, mittags schwatzten die
Bären beim Fischen und sogar die Maus sprach zur Katze „Nun kennst du meine
ganze Lebensgeschichte und nun darfst du mich auch fressen.“ Was sie aber nicht
tat, denn sie liebte es Geschichetn zu hören.
Doch eines Tages wurde es dunkel am hellichten
Tag, Blitz und Donner brachten den Sturm und der Sturm brachte die Kälte. Viele
100 Jahre lang war es bitterkalt, viele Pflanzen erfroren. Die Tiere versteckten
sich in Höhlen und dabei entdeckten die Bären den Winterschlaf.
Aber die Kälte zog vorbei und nun kam die
Hitze. 100 Jahre lang verbrannte die Sonne alles was noch nicht erfroren war.
Die Tiere fanden kein Futter mehr und eines
Tages sprach das Heizelmännchenkönigspaar zu den Tieren. Hier könnt ihr nicht
bleiben, sonst werdet ihr verhungern. Ihr müsst ins Land der Menschen ziehen
und ihr dürft nie wieder Worte aussprechen, denn wenn die Menschen euch sprechen
hören, bekommen Sie es mit der Angst und werden euch verjagen.
Da entstand ein raunen ein buhen und muhen,
ein grunzen und knurren unter den Tieren. „Das ist ungerecht meldete sich eine
Kuh, wir haben doch so viele Geschichten, die wir uns noch nicht erzählt haben“
„Gut Gut“ beschwichtigte Zimta die
Heinzelfraukönigin. Ihr dürft für zweimal sieben Tage im Jahr sprechen im
Winter von der Sonnenwende an, wenn die Tage wieder länger werden. Aber nur
nachts, und nur dann, wenn keine Menschen in der Nähe sind.
Im Laufe der Jahrtausende haben aber viele
Tiere die Sprache längst verlernt. Nur die Stalltiere und die Haustiere, weil
sie immer in der Nähe der Menschen leben, haben das Sprechen nicht verlernt und
erzählen sich immer noch Geschichten in den Nächten zwischen Weihnachten und
dem Heiligendreikönigstag.
Aber ihr glaubt mir ohnhin nicht, ihr denkt
ich bin ein verrückter alter Mann, der schon lange im Wald lebt und nicht mehr
weiß was auf der Welt vor sich geht. Und vielleicht habt ihr auch recht , ja vielleicht
bin icht verrückt und vielleicht bin ich auch zu alt.
Das Fünfte Land
In alten Zeiten, als die Erde noch jung war, gab es ein fünftes Land, geschaffen von den Göttern, so sagte man, weshalb auch das Gesetz galt, daß dieses Land ohne Namen jungfräulich bleiben solle.
Eines Tages jedoch kam ein Mann mit seinem Boot und seiner Familie auf dieses Land. Er war ein Bauer, und glaubte nicht an dumme Märchen; und weil sein altes Land von Dürre bedroht war, suchte er nach einem neuen Stück Feld, was er bestellen konnte. So stach er seinen Spaten in die fruchtbare Erde, um sie umzugraben. Doch kaum hatte er den ersten Stich getan, erschien ein Heinzelmännchen neben ihm:
"Was tust Du da?" fragte es.
"Ich will die Erde umgraben." sagte der Bauer.
"Warte, wir helfen Dir." entgegnete das kleine Kerlchen, und sofort kamen 100 Heinzelmännchen, und gruben das Feld für den Bauern um.
Am nächsten Tag ging der Bauer erneut auf sein Feld, diesmal um zu säen. Doch kaum war das erste Korn im Boden, erschien wieder ein Heinzelmann. "Was tust Du da?" fragte es.
"Ich will den Weizen säen", sagte der Bauer, ein wenig verwirrt.
"Warte, wir helfen Dir." Schon kamen 200 Heinzelmännchen, um ihm beim Aussäen zu helfen.
Und der Weizen wuchs und gedieh, bis er schließlich reif war. Doch der Bauer war krank, und schickte deshalb seinen Sohn zum Ernten auf das Feld. Angekommen, trieb ihn das Verlangen, und so kostete er von dem herrlichen Weizen, bevor er anfing zu ernten. Kaum hatte er das erste Korn im Mund, erschien wieder ein Heinzelmännchen neben ihm.
"Was tust Du da?" fragte es neugierig.
"Ich probiere von dem Weizen." sagte der Sohn.
"Warte, wir helfen Dir." sagte das kleine Wesen, und sofort kamen 400 Heinzelmännchen angerannt, und aßen den ganzen Weizen auf.
Da lief der Sohn zum Vater zurück, um von seinem Mißgeschick zu berichten. Wütend schlug ihm der Vater ins Gesicht, denn jetzt hatten sie nichts zu Essen für den Winter. Doch kaum hatte er den ersten Schlag getan, hörte wieder eine Stimme neben sich:
"Was tust Du da?"
"Ich schlage meinen Sohn!" rief er dem kleinen Kerl wütend zu.
"Warte, wir helfen Dir." sagte es, und 800 Heinzelmännchen kamen, die den Sohn totschlugen.
Da weinte die Mutter bitterlich, bis plötzlich wieder ein kleines Männlein neben ihr stand. "Was tust Du da?" fragte es. Schluchzend und mit tränenerstickter Stimme entgegnete sie "Ich weine um meinen toten Sohn..."
"Warte, wir helfen Dir." Und so kamen 1600 Heinzelmännchen, und fingen alle an zu weinen, bis schließlich ein reißender Fluß entstand und die Mutter und ihren toten Sohn hinfortriß.
Daraufhin ging der Vater zum Feld zurück, um die Verwüstung zu betrachten. Da wurde er von einem Insekt gestochen, und kaum hatte er seine Hand erhoben, um sich zu kratzen, stand wieder ein Heinzelmännchen neben ihm. "Was tust Du da?"
"Ich will mich kratzen, weil mich ein Insekt gestochen hat", sagte der Vater.
"Warte, wir helfen Dir." Alsbald kamen 3200 Heinzelmännchen, um fingen an, den Vater bis auf die Knochen totzukratzen...
(Vorgetragen bei der Raunachtwanderunfg 2013 in Gaaden)